Direkt zum Inhalt

Erklärung der Teilnehmenden des int. Seminars Probleme der Restitution und Rückführung geraubter und illegal erworbener afrikanischer Objekte in europäischen Museen"

University of Ghana, Legon
Internationales Seminar zum Thema:
PROBLEME DER RESTITUTION UND RÜCKFÜHRUNG GERAUBTER UND ILLEGAL ERWORBENER AFRIKANISCHER OBJEKTE IN EUROPÄISCHEN MUSEEN
Workshop Convenor : Dr Wazi Apoh
13.-14. Dezember 2018
Erklärung der Seminarteilnehmer

An frühere Diskussionen auf dem afrikanischen Kontinent anknüpfend, haben Wissenschaftler, Museumsexperten, Bewahrer des kulturellen Erbes, und politische Entscheidungsträger, die am MIASA an der Universität von Ghana zusammengekommen sind, etliche Mängel und Unzuläng-lichkeiten in der aktuellen Debatte zu Problemen der Restitution und Herkunft erörtert.

Wir haben frühere und gegenwärtige afrikanische Initiativen und Perspektiven gewürdigt und uns mit ihnen auseinandergesetzt. Die internationale Debatte erfordert so schnell wie möglich die Entwicklung einer dringend benötigten afrikanischen Dimension. In den meisten Diskussio-nen, die sich jetzt auf Paris, Berlin, oder Brüssel konzentrieren, fehlt es an klaren afrikanischen Beiträgen und Perspektiven von Wissenschaftlern und Fachkräften, und es mangelt meist auch an einer Widerspiegelung der Bedenken afrikanischer Wissenschaftler hinsichtlich der Beteili-gung von Interessenvertretern sowie der Herausforderungen/Bedürfnisse und Potentiale afrika-nischer Museen. Zusätzlich haben nur ein paar afrikanische Regierungen und relevante Organi-sationen Stellungen bezogen oder wenigstens Diskussionen über ihre Einstellung zu dieser De-batte begonnen.

Das mangelnde Vertrauen afrikanischer Restitutionsbefürworter in europäische Museen und Regierungen wird sich wohl kaum verringern bis Folgendes eintritt: a) eine schnelle Rückgabe — wie von afrikanischen Regierungen und Gemeinschaften verlangt — von denjenigen hoch geschätzten Objekten, deren illegaler Erwerb mit einer klar etablierten Herkunftsgeschichte eindeutig ist; b) mehr gemeinsame (afrikanisch-europäische) Bemühungen, die Herkunft anderer Schlüsselobjekte zu bestimmen. Transparenz und Zugänglichkeit sind auch wesentlich, um Vertrauen zu begründen. Es muss zum etablierten Prinzip werden, dass Objektinventare zur Verfügung gestellt und Museumslagerräume für afrikanische Experten geöffnet werden. Zusätzlich sollte es Zugang zu Archiven in europäischen Museen oder anderen staatlichen Institutionen geben.

Obwohl es notwendig ist, die Objekte zu priorisieren, die zurückgegeben werden sollen, ist einlanger Vorgang der Neueinschätzung von Objekten oder zusätzlicher Provenienzforschung inakzeptabel, kann jedenfalls keine Entschuldigung dafür sein, den Restitutionsvorgang zu verzögern. Unbestrittene, illegal erworbene Objekte müssen der bedingungslosen Rückgabe und Wiedergutmachung durch staatliche Museen in Europa unterliegen.

Die Kontrolle über Restitutionsprozesse, mit klaren Prinzipien und Verfahren, ist genauso notwendig. Die Afrikanische Union und die regionalen Wirtschaftsgemeinschaften Afrikas werden eingeladen, eine Position zu entwickeln und Verhandlungen über solche Prinzipien zu beginnen. Die Beispiele einiger erfolgreicher — wenn auch sich hinziehender und schmerzhafter — Präzedenzfälle der Restitution an Afrika könnten in positive Beispiele verwandelt werden oder Elemente bieten, um allgemeinere Richtlinien abzuleiten. Diese Richtlinien könnten Folgendes beinhalten: a) frühe Aushandlungen von Zielvorgaben der relevanten Partner (Museen, Regierungsorgane, Gemeinden); b) Klärung jeglicher konkurrierender Ansprüche auf die Objekte selbst, aber auch von Legitimität und Representativität; c) ungefähre zeitliche Abläufe für zusätzliche Recherchen zur Herkunft der Objekte (wenn für nötig befunden); d) Bestätigung der Authentizität der restitutierten Objekte; e) gemeinsame Entwicklung einer Ausstellungspolitik, auch in der Gemeinde UND dem Herkunftsland (manchmal Herkunftsländer, wenn präkoloniale Einheiten “grenzüberschreitende Gemeinschaften” sind) UND bei europäischen Museen, die Objekte nach Afrika übersenden.

Es gibt auch einen merklichen Mangel an Homogenität auf der europäischen Seite. Die Macron-Initiative (Ersuchen aus Afrika folgend) ist löblich, hat Möglichkeiten eröffnet und wiederum Debatten in Deutschland und Belgien beeinflusst. Aber dies ist für die meisten anderen Mitgliedsländer der Europäischen Union, Nordamerika und anderswo nicht der Fall. Die EU selbst hat noch keine sichtbare Position bezogen. Es wird auch erwartet, dass Individuen und private Institutionen im Besitz geraubter und illegal erworbener Objekte afrikanischen Ursprungs beginnen, Bereitschaft zu zeigen, diese Objekte zurückzugeben.

Interdisziplinäre und überregionale Forschungsarbeit sowie überregionale und transnationale Museumskooperation sind vielversprechende Wege, um den jahrzehntelangen völligen Stillstand der Restitution illegal erworbener / erbeuteter Objekte aus Afrika zu überwinden. Während dieser Prozess sich entfaltet, erwarten wir auch, dass es die gemeinsame Verantwortung europäischer und afrikanischer Behörden ist, dringende Schritte zu unternehmen, um afrikanische Museumsinstitutionen auszubauen und somit sicherzustellen, dass diese geraubten Objekte nach ihrer Rückgabe angemessen untergebracht werden, in sicheren Institutionen, die die bestmöglichen Standards museologischer Praxis erfüllen.

Wir sind uns bewusst, dass verschiedene Initiativen, die die Sache der Restitution verfechten, auf dem afrikanischen Kontinent ergriffen worden sind, und wir unterstützen solche afrikanisch geleiteten Initiativen voll und ganz.

Unterzeichner:
Wazi Apoh (Universität von Ghana)
Kokou Azamede (Université de Lomé)
Kofi Baku (Universität von Ghana)
Gordon Crawford (Coventry University; MIASA)
Andreas Eckert (Humboldt-Universität zu Berlin)
Patrick Effiboley (Universität von Abomey-Calavi)
Gertrude Aba Eyifa-Dzidzienyo (Universität von Ghana)
Albert Gouaffo (Universität von Dschang)
Zacharys Gundu (Ahmadu Bello Universität, Zaria)
Dag Henrichsen (Zentrum für afrikanische Studien, Universität Basel)
Steven H. Isaack (Heritage Watch, Namibia)
Kwame Labi (Universität von Ghana)
Thomas Laely (Völkerkundemuseum der Universität Zürich)
Andreas Mehler (Arnold Bergstraesser Institut, Albert-Ludwigs-Universität Freiburg)
Abena D. Oduro (Universität von Ghana; MIASA)
Alexis von Poser (Niedersächsisches Landesmuseum Hanover)

Erklärung als pdf