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Deutsches Zentrum Kulturgutverluste fördert Arbeit zum Umgang mit Sammlungen menschlicher Überreste

Über mehrere Jahrzehnte seit der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts haben europäische Militärs, Forschende und Kaufleute Kultur- und Alltagsobjekte, aber auch menschliche Überreste aus den damaligen Kolonien in ihre Heimatländer gebracht. Alexander Ecker, ein ab 1850 in Freiburg tätiger Anatom und Anthropologe, baute durch Tausch, Käufe und Schenkungen eine Sammlung auf, die seine Nachfolger, darunter der Mediziner Eugen Fischer, ergänzten. Seit dem Jahr 2001 ist die von Ecker begründete Anatomisch-Anthropologische Sammlung in der Obhut des Archivs der Universität Freiburg. Sie beinhaltet menschliche Schädel, deren Erwerb und Nutzung aus heutiger Sicht ethisch und wissenschaftlich nicht vertretbar sind. In einem neuen, von dem Deutschen Zentrum Kulturgutverluste unterstützten Forschungsprojekt wollen Forschende die Provenienz, also Herkunft und Erwerbsgeschichte, der Schädel klären und eine mögliche Repatriierung vorbereiten. Ein Team von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern startet am 1. Januar 2021 damit, sich vertiefend mit dem angemessenen Umgang mit solchen Sammlungen zu befassen. Das Deutsche Zentrum Kulturgutverluste fördert dieses Vorhaben mit 230.000 Euro.

Ein Team um Andreas Mehler vom Arnold-Bergstraesser-Institut Freiburg, Dieter Speck, dem Leiter des Universitätsarchivs, Ursula Wittwer-Backofen vom Institut für Anthropologie und Annika Hampel vom Afrika-Zentrum ACT wird an der Universität Freiburg in dem Projekt „Reziprok, interdisziplinär und transparent: Provenienzforschung mit Restitutionsperspektive im kolonialen Kontext“ die Probleme der Herkunft und des Umgangs mit menschlichen Überresten bearbeiten – in enger Zusammenarbeit mit Forschenden unterschiedlicher Fachbereiche aus afrikanischen Herkunftsregionen. „Uns ist daran gelegen, nicht nur unsere eigene Perspektive zur berücksichtigen“, erklärt Mehler. Gemeinsam wollen Projektmitarbeiterinnen und -mitarbeiter ein Konzept zur reziproken Forschung entwickeln und am Beispiel der Freiburger Sammlung Leitlinien zum Umgang mit menschlichen Überresten aus kolonialen Kontexten erarbeiten, um daraus auch für andere europäische Sammlungen Handlungsempfehlungen abzuleiten.

„Das Auffinden des bisher vermissten Sammlungsinventars, das bis 1910 geführt wurde, ermöglicht uns eine vollkommen neue, intensivere und detailliertere Provenienzforschung“, sagt Speck. „Mit den neuen Materialien wollen wir eine präzisierte Sammlungsdokumentation vorlegen und vertiefend eine gezielte historische und nicht-invasive naturwissenschaftliche Analyse der Schädel aus der Herkunftsregion Afrika vornehmen.“

 

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