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Zwangsmigration in Afrika: Interessenvertretung und Politische Herausforderungen

Im Februar 2019 versammelten sich die afrikanischen Führungsspitzen in Addis Abeba, Äthiopien, für den 32. Gipfel der Afrikanische Union (AU), bei dem verkündet wurde, das Jahr den „Geflüchteten, Zurückkehrenden und Binnenvertriebenen“ auf dem Kontinent zu widmen. Zum fünfzigjährigen Jubiläum der 1969 Flüchtlingskonvention der Organisation für Afrikanische Einheit und zum zehnjährigen Jubiläum der Kampala Konvention für Binnenvertriebene, hat der Kontinent einen der am besten entwickelten Schutzmechanismen für Geflüchtete weltweit. Gleichzeitig steht er großen Herausforderungen gegenüber: bis Ende 2018 gab es ca. 7,4 Million Geflüchtete und Asylbewerber*innen in Afrika, sowie weitere 12 Millionen Binnenvertriebene. Politische Entscheidungen der AU sowie die Konventionen müssen jedoch von den individuellen Mitgliedern in nationalstaatlichen Kontexten umgesetzt werden. Die politischen Dimensionen, in denen einzelne afrikanische Staaten Migration in ihren jeweiligen Kontexten bewältigen, sind noch weitgehend unerforscht, trotz der politischen Aufmerksamkeit, die u.a. afrikanischer Migration in jüngster Zeit zuteilwird.

Dieses Projekt strebt an, empirisch auf diese Forschungslücke zu reagieren. Es beleuchtet die politischen Interessen und gesellschaftlichen Diskurse, die  Migrationsgovernance in und zwischen den Ländern Südsudan, Uganda, Simbabwe und Südafrika aushandeln. Diese regionale Bandbreite erlaubt einen Vergleich von Aufnahme- und Herkunftsländern, unterschiedlichen Konfliktarten sowie regionalen Unterschieden.

Theoretischer Anspruch des Projekts ist es, Migrations- und Konfliktforschung zu verbinden. Insbesondere Debatten über Friedensförderung erweitern unser Verständnis der politischen Dimension von Migration aus mehreren Gründen. Erstens baut Migrationsgovernance, ähnlich wie Friedensförderung,  auf einem komplexen Zusammenspiel von diversen Akteuren auf, das u.a. auch die politische Handlungsfähigkeit von nichtstaatlichen Akteuren hervorhebt. Zweitens können wir die Idee der internen und externen Intervention als heuristisches Werkzeug nutzen, um die potenziellen unterschiedlichen politischen Auswirkungen von verschiedenen Ebenen der Migrationsgovernance zu differenzieren. Darauf aufbauend wird das Projekt außerdem die verschiedenen staatlichen und nichtstaatlichen Interessenvertretungen betrachten, die an der strategischen Entwicklung von Migrationsgovernance beteiligt sind, und ihre Rolle sowie die Art der Einflussnahme beleuchten. Somit differenziert das Projekt aus mehrstufiger Perspektive zwischen verschiedenen Arten von Handlungsebenen (extern/intern) und Akteuren (staatlich/nichtstaatlich).

Das Projekt bedient sich qualitativer Methoden,  u.a. Prozess-, Diskurs- und Akteurs-Analysen, sowie Interviews und Fokusgruppen. Dabei handelt es sich um eine Mischung aus Sekundärforschung zu Südsudan und Simbabwe, und Feldforschung in Uganda und Südafrika, welche 2020 stattfinden wird.

Obwohl der Fokus des Projektes auf der politischen Governance von Geflüchteten und Binnenvertriebenen liegt, werden zusätzlich diverse Formen von Migration und deren politische Relevanz betrachtet. Denn dabei handelt es sich oft um individuelle Formen von (Im-)Mobilität, die über eine vereinfachte Kategorisierung hinausgehen. Nur durch die Betrachtung, wie mit Geflüchteten sowie anderen Migrant*innen auf gesellschaftlicher und politischer Ebene umgegangen wird, können wir nachvollziehen, wie verschiedenen Formen von Migration womöglich politisch instrumentalisiert oder gegeneinander ausgespielt werden. Aus diesem Grund versteht dieses Projekt Zwangsmigration als nur eine Form von Migration neben z.B. regulärer und irregulärer Auswanderung und Einwanderung.

Das Projekt wurde im Juni 2019 begonnen und wird bis 2021 von der Deutschen Stiftung Friedensforschung finanziert.

Kontakt: Dr. Franzisca Zanker