* 14.7.1896 in Darmstadt – † 24.2.1964 in Freiburg
- Studium der Nationalökonomie, Soziologie, Geschichte in Berlin, Tübingen, München und Heidelberg
- 1932 Berufung auf die Eberhard-Gothein-Professur für Staatswissenschaften und Auslandskunde der Universität Heidelberg
- 1936 Verweigerung der Wiederaufnahme der Lehre zum Sommersemester (nach einem zuvor gewährten Freisemester)
- 1937 Emigration in die USA, lehrte an den Claremont Colleges in Kalifornien und an der Universität Chicago
- 1950 und 1953 Annahme von Gastprofessuren an den Universitäten Frankfurt und Erlangen
- 1954 Berufung an die Universität Freiburg auf einen neuen Lehrstuhl für Politikwissenschaft und Soziologie
Als charismatischer akademischer Lehrer vieler junger Wissenschaftler*innen, die später bedeutende Karrieren machten, wurde Bergstraesser von Freiburg aus zu einem der Gründerväter der Politikwissenschaft in der Bundesrepublik Deutschland. Dies wird auch durch den hohen, teilweise entscheidenden Anteil Bergstraessers an der Gründung und dem Aufbau sozialwissenschaftlicher Forschungs- und Bildungseinrichtungen veranschaulicht, so u.a. der Stiftung Wissenschaft und Politik, der Akademie für politische Bildung des Freistaats Bayern in Tutzing, der Politischen Akademie Eichholz und des Studienhauses Wiesneck in Buchenbach bei Freiburg. Als Gründungsmitglied der Deutschen Vereinigung für die Wissenschaft von der Politik und langjährigem Angehöriger ihres Vorstands sowie des Vorstands der Deutschen Gesellschaft für Soziologie hat Bergstraesser in programmatischen Schriften und durch viele organisatorische Aktivitäten auf die fachliche Etablierung und Profilierung der beiden Sozialwissenschaften hingewirkt.
Seit der Mitte der 50er Jahre war er zudem auf Länder- und Bundesebene maßgeblich an den Initiativen zur Institutionalisierung einer sozialwissenschaftlich fundierten politischen Bildung im Schulunterricht sowie in der außerschulischen Jugend- und Erwachsenenbildung beteiligt. Zu erwähnen ist hier auch Bergstraessers aktive Mitwirkung in den Beiräten der Bundesregierung für Innere Führung und für staatsbürgerliche Erziehung und Bildung sowie seine Tätigkeit als Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft „Bürger im Staat“ Baden Württembergs.
Das besondere Engagement Bergstraessers als Wissenschaftler galt den transatlantischen Beziehungen und den soziokulturellen Wandlungen in der entstehenden „Weltgesellschaft“ und hier insbesondere den ´Entwicklungsländern´. Davon zeugen seine Ämter als Vorsitzender des Forschungsausschusses, 1955 - 1959 auch als Direktor des Forschungsinstituts der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik, als Präsident der „Atlantik-Brücke“ und als Vorstandmitglied der Deutschen Gesellschaft für Amerikastudien. Von 1960 - 1964 war Bergstraesser Mitglied und Vorsitzender der deutschen UNESCO-Kommission.
Mit der „Arbeitsstelle für kulturwissenschaftliche Forschung“, aus der das Arnold-Bergstraesser-Institut hervorgegangen ist, und der „Forschungsstelle für Weltzivilisation“ schuf Bergstraesser 1960 Einrichtungen zur Erforschung des soziokulturellen Wandels in den großen Entwicklungsregionen der damals sogenannten Dritten Welt. In diesem Kontext hat er visionär, seinen Zeitgenossen weit voraus, die Bildung der neuen Weltgesellschaft wahrgenommen und seine Wissenschaft dazu aufgerufen, sich den damit verbundenen kulturellen, sozialen und politischen Herausforderungen zu stellen.
Die wissenschaftlichen und organisatorischen Leistungen Arnold Bergstraessers sind eingebunden in seine Konzeption der Politikwissenschaft als einer praktischen, d.h. auf praktisches politisches Handeln bezogenen Wissenschaft. Mit dem kühnen Postulat, der Kern aller wissenschaftlichen Aktivitäten seiner Disziplin müsse das „Vorausdenken politischer Entscheidungen“ sein, - in der Politikwissenschaft gehe es letztlich um die „res gerendae“, - forderte Bergstraesser von Politikwissenschaftler*innen auch die normative Reflexion über die Ziele der Politik.