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Das Gewaltmonopol und Sicherheitsparadoxa – Diskrepanzen zwischen objektiver und subjektiver Sicherheit in der Zentralafrikanischen Republik und dem Libanon

Ein zentralafrikanischer Soldat sperrt die Straße für einen MINUSCA-Konvoi

Ein zentralafrikanischer Soldat sperrt die Straße für einen MINUSCA-Konvoi

| © Tim Glawion

Die Wiedereinführung des staatlichen Gewaltmonopols ist nach wie vor eine Schlüsselstrategie zur Befriedung von Konfliktzonen und zum Wiederaufbau sogenannter "fragiler Staaten". Gleichzeitig sind die empirisch messbaren Auswirkungen der Ausweitung staatlicher Kontrolle auf individuelle Sicherheit bestenfalls zwiespältig. In vielen als fragil und interventionsbedürftig eingestuften Ländern wie dem Südsudan, Syrien oder der Demokratischen Republik Kongo tragen die staatlichen Kräfte selbst mehr zur Unsicherheit der Menschen als zu ihrer Sicherheit bei. In anderen Ländern, wie der Zentralafrikanischen Republik (ZAR) und dem Libanon, zielen staatliche Institutionen in der Regel darauf ab, zur Sicherheit der Menschen beizutragen. Aber auch in den Fällen, in denen die Ausdehnung des staatlichen Einflusses zu faktischen Sicherheitssteigerungen führt, kann sie zu wahrgenommenen Sicherheitsminderungen führen. Es besteht oft ein paradoxer Zusammenhang zwischen den Prozessen der Sicherheitsproduktion in der lokalen Sicherheitsarena und der Wahrnehmung der eigenen Sicherheit durch die Bewohner. 

Dieses Projekt fragt daher: Warum schaffen die Versuche der Staaten, den Einsatz von Gewalt zu monopolisieren, zuweilen unterschiedliche objektive und subjektive Sicherheitsniveaus? Paradoxa der Sicherheit beschreiben Fälle, in denen Verbesserungen der messbaren Sicherheit mit einer Verringerung der subjektiven Sicherheit oder eine Verringerung der objektiven mit erhöhter subjektiver Sicherheit einhergeht. Ich argumentiere, dass die Ausweitung des Gewaltmonopols unter bestimmten Bedingungen paradoxe Sicherheitseffekte hat: Selbst wenn es die tatsächliche Sicherheit erhöht, kann es die subjektive Sicherheit negativ beeinflussen, indem es die Identität und die Sicherheitsroutinen der Menschen bedroht. 

Ich analysiere dieses Paradoxon durch das Konzept einer Sicherheitsarena, die sich aus Akteuren zusammensetzt, die in einem ausgewählten Studienzentrum auf die physische Integrität der Bewohner einwirken. Obwohl die nationalen Sicherheitsinstitutionen der ZAR und des Libanon noch nie ein Gewaltmonopol ausübten, werden sie von vielen Mitgliedern der Gesellschaft und internationalen Befürwortern des Staatsaufbaus dennoch als potenzielle Brücken über gesellschaftliche Gräben gesehen. Für andere hingegen wird der Staat mit Repression und historischer Marginalisierung identifiziert. Der Einsatz der Armee in pluralisierten lokalen Sicherheitsarenen wirkt sich demnach positiv auf die subjektive Sicherheit der einen und negativ auf die anderer aus. Zweitens, untergräbt die militärische Präsenz in lokalen Sicherheitsarenen oft lokale Verantwortung für Sicherheitsprozesse. Selbst wenn die staatlichen Kräfte messbare Gefahren eindämmen, könnten sich die lokalen Bewohner darum weniger sicher fühlen, weil ihre Souveränität eingeschränkt wurde.

Weiterführende Informationen zum Forschungsprojekt von Tim Glawion finden sie hier.

Das Forschungsprojekt wird von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.

Logo Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG)
Projektbearbeiter*innen:
Dauer:
2020 - 2024
Forschungsbereich: