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Migration

Workshop „Postpandemic Remnants: Long-term Covid-19 Impacts on Migration/Mobility in the Global South“

Lecturer Dr Gunjan Sodhi and audience
© Franzisca Zanker

Vom 26. bis 28. Juni 2024 fand der von der DFG-geförderte Workshop zum Thema „Postpandemic Remnants: Long-term Covid-19 Impacts on Migration/Mobility in the Global South“ am ABI in Freiburg mit 20 Teilnehmer*innen aus verschiedenen sozialwissenschaftlichen Fachbereichen statt. Organisiert und durchgeführt wurde der Workshop vom DFG-Netzwerk: Migration und Im/Mobilität im Globalen Süden in Zeiten einer Pandemie.

Als Auftakt zu diesem letzten von vier Workshops hielt Dr. Gunjan Sondhi von The Open University (UK) eine öffentliche Keynote an der Universität Freiburg. In dem Vortrag mit dem Titel „Repairing Infrastructures of (Im)Mobility – Lessons from the Covid-19 Crisis“ behandelte Dr. Sondhi die Frage, inwieweit Krisen, die eher als Momente statt als Ereignisse betrachtet werden sollten, innere Widersprüche der Gesellschaft und des zugrunde liegenden Systems sichtbar machen. Der Fokus lag hierbei auf dem Scheitern der Infrastruktur in Bezug auf die (Im-)Mobilität von internationalen Studierenden und anderen vulnerablen Migrant*innen. Obwohl diese Migrant*innen schon immer gezwungen waren, mit schwachen Infrastrukturen auszukommen, hat die Pandemie die Intensität dieser Erfahrung von räumlicher und zeitlicher Unsicherheit noch verstärkt. Wenngleich die Pandemie als aktiver Krisenmoment vorüber ist, reichen die begonnenen Reparaturarbeiten an diesen migrantischen Infrastrukturen bisher noch nicht aus.

Der zweite Tag des Workshops war zunächst der Betrachtung der langfristigen Auswirkungen der Covid-19-Pandemie auf Migration und Mobilität im Globalen Süden gewidmet. Die Inputs bauten auf einem Forschungsprojekt auf, das Franzisca Zanker (ABI) 2021 koordinierte. Joyce Takaindisa von der University of Witwatersrand ging in ihrem Vortrag auf Ausnahmegenehmigungen ein, die simbabwischen Migrant*innen während der Pandemie in Südafrika eingeräumt wurden. Dabei konzentrierte sie sich auf das postpandemische Wechselspiel zwischen Fremdenfeindlichkeit und sich stetig verändernden politischen Migrationsregulierungen.

Luisa Gabriela Morales Vega von der Autonomous University of Mexico State stellte ihre Forschung zur staatlichen Migrationskontrolle Mexikos im Zuge der Post-Pandemie vor. Sie zeigte auf, dass die verschärften staatlichen Migrationskontrollen in Mexiko als ein Überbleibsel der Covid-19-Pandemie anzusehen sind.

Anschließend teilten sich die Teilnehmer*innen in kleinere Gruppen auf und diskutierten bei einem interaktiven Spaziergang ihre eigenen Erfahrungen und Beobachtungen zu den Nachwirkungen der Pandemie auf das Migrationsgeschehen in den Ländern, zu denen sie selbst forschen. Dieser Spaziergang war der Auftakt zu einer Schreibwerkstatt, bei der die Teilnehmer*innen Kurztexte für eine gemeinsame Publikation vorbereiteten, die im Anschluss an diesen Workshop veröffentlicht werden soll.

Der letzte Tag des Workshops gab den Teilnehmer*innen erneut die Möglichkeit, an ihren Texten zu arbeiten und sich darüber auszutauschen. Abschließend wurde im Plenum das weitere Vorgehen der Netzwerkgruppe sowie andere mögliche Publikationen besprochen und zu verschiedenen akademischen Konferenzen eingeladen.

Zum Weltflüchtlingstag: Franzisca Zanker über Auslagerung von Asylverfahren in afrikanische Drittländer

Externalizing Migration - Logo

Der 20. Juni ist Weltflüchtlingstag. Der UNHCR schreibt dazu: 

„Es ist der Tag, der daran erinnert, dass Millionen von Menschen gezwungen sind, ihre Heimat zu verlassen. Das Flüchtlingshilfswerk der Vereinten Nationen veröffentlicht dazu den jährlichen Bericht „Global Trends“, der die weltweit dramatische Situation in nüchterne Zahlen fasst. Gleichzeitig würdigt der UNHCR die Stärke, den Mut und die Widerstandsfähigkeit, die Flüchtlinge, Binnenvertriebene und Staatenlose täglich aufbringen. Aktuell sind 120 Millionen Menschen auf der Flucht - dies ist die größte Zahl an Vertriebenen, die je registriert wurde.“

Franzisca Zanker veröffentlichte pünktlich zu diesem Anlass ihre Analyse "Outsourcing Asylum to African States? An endeavour destined to fail" auf der ebenfalls erst kürzlich online gegangenen Plattform www.externalizingmigration.info. Die Plattform bietet Beiträge von Wissenschaftler*innen zum Thema, in Text- und Videoform und als Podcast. 

Franzisca Zankers Beitrag geht auf die europäische Strategie der Auslagerung von Asylverfahren in Drittstaaten ein und zeigt anhand bisheriger Kooperationsversuche auf, dass die politischen Interessen der afrikanischen Partnerländer nicht genug berücksichtigt werden: 
 

„Ruanda ist nicht das erste Land, an das sich die europäischen Staaten wenden, wenn es um die Aufnahme von Asylbewerbern aus Drittstaaten geht. Die derzeitige Debatte ist vielmehr der jüngste Versuch in einer andauernden Externalisierung, die afrikanische Länder mit verschiedenen Zuckerbrot und Peitsche-Methoden davon zu überzeugen versucht, ihre eigenen "abgelehnten" Staatsangehörigen und idealerweise sogar Drittstaatsangehörige zurückzunehmen. Die Schwerfälligkeit einer solchen Zusammenarbeit verdeutlicht, wie unwahrscheinlich es ist, dass die Auslagerung des Asylwesens für potenzielle afrikanische Partnerländer jemals eine praktikable Option sein wird."

Den ganzen Beitrag lesen Sie hier (Englisch). 

Grund zur Hoffnung? Geflüchtete in der Türkei nach den Kommunalwahlen

Frauen auf einem Markt in der Türkei. Symbolbild
© Pexels/Sara

„Die Opposition konnte bei den Kommunalwahlen im März 2024 einen überraschend deutlichen Sieg einfahren. Sie wirbt vor allem mit Demokratisierung. Doch was bedeutet das Wahlergebnis für die Geflüchteten in der Türkei? (...)

Es ist nicht klar, wie weit die Bemühungen um Demokratie gehen. Es könnte sein, dass sie auf dem Niveau einer exklusiven Demokratie Halt machen, die Nicht-Bürger:innen wie Geflüchtete ausschließt. Wie wird die CHP mit Geflüchteten umgehen, die nach aktuellem Stand nicht freiwillig in ihre Herkunftsländer zurückkehren? Eine andere Frage ist, ob ihre potentiellen Verbündeten und Kleinparteien wie die DEM die Position der CHP in Sachen Migration beeinflussen können. Diese schwierigen Fragen muss die CHP beantworten, intern und im Rahmen der nationalen Politik. (...)

Trotz der autokratischen Regierung bleibt ein Charakterzug der türkischen Politik erhalten: Sie ist dynamisch. Ein inklusiver Demokratisierungsprozess, der den Geflüchteten etwas Würde zurückgeben kann, ist nicht unmöglich.“

ALMA-Fellow Dilshad Muhammads Artikel erschien in deutscher Übersetzung im Online-Magazin dis:orient. Das englische Original schrieb er für The Conversation.

Virtueller AMMODI-Roundtable jetzt online: Making African(ist) Migration Research Visible

AMMODI Virtual Roundtable: Making African(ist) Research Visible

v.l.n.r.: Kudakwashe Vanyoro, Ruth Nyabuto, Elena Fiddian-Qasmiyeh, Sergio Carciotto, Jessica Adjeley Mensah, Kwesi Sewe, Åsa Lund Moberg, Ibrahima Amadou Dia, Heaven Crawly.

Die globale Wissenschaft befindet sich inmitten erneuter Debatten und Interventionen gegen die anhaltenden Ungleichheiten in der afrikanischen und afrikanistischen Hochschulbildung, nachdem Forderungen nach einer Entkolonialisierung der Wissenschaft laut wurden. Migrationsmuster und -politik sowie die diesbezügliche Forschung sind häufig stark von post-/kolonialen Beziehungen geprägt, und die Migrationsforschung bemüht sich nur langsam um die Aufdeckung und Aufarbeitung ihrer post-/kolonialen Aspekte.

Daher lud die kollaborative Forschungsgruppe AMMODI im Dezember 2023 zu einem virtuellen Roundtable ein, der nun als Video online verfügbar ist! 

Dieser Roundtable zielte darauf ab, die strukturellen Ungleichheiten, die in die afrikanistische Migrationsforschung eingebettet sind, durch eine Reihe von Dialogen zwischen Forschenden, Herausgeber*innen von Journals und Bibliothekar*innen anzusprechen. Außerdem gab es eine kurze Einführung in die AMMODI-Datenbank, in der über 200 in Afrika ansässige Wissenschaftler*innen, die sich mit Migration, Mobilität und Vertreibung beschäftigen, und ihre Arbeit erfasst sind. Die Datenbank soll einen Schritt zur Verbesserung der Sichtbarkeit der afrikanischen Migrationsforschung darstellen.

 

Bewegungsfreiheit in Westafrika: ECOWAS-Austritte könnten drei Länder vor Migrationshürden stellen

Symbolbild Zeitungsartikel

Für Niger, Mali und Burkina Faso hat die jüngste Entscheidung, aus der Wirtschaftsgemeinschaft Westafrikanischer Staaten (ECOWAS) auszutreten, die Frage aufgeworfen, wie sie die regionale Mobilität in Zukunft gestalten werden. Die ECOWAS deckt eine Vielzahl von Sektoren ab, Migration ist jedoch einer der wichtigsten. Lange Zeit galten die Protokolle der ECOWAS (1979) als leuchtendes Beispiel für die Freizügigkeit, also der freien Mobilität von Personen, auf dem Kontinent. Sie gaben den Bürgern das Recht, sich ohne Visum zwischen den Ländern der Region zu bewegen, sowie ein künftiges Aufenthaltsrecht und die Möglichkeit, Unternehmen zu gründen. 

Franzisca Zanker des ABI hat bereits, in multidisziplinärer Arbeit zusammen mit Amanda Bisong und Leonie Jegen, die Steuerung der Migration in Westafrika auf regionaler Ebene und in besonderen Kontexten wie Niger untersucht. Sie argumentieren nun, dass Niger, Mali und Burkina Faso viel zu verlieren haben, wenn ihr Austritt aus der ECOWAS die Mobilität einschränkt. Es ist jedoch wahrscheinlich, dass informelle Mobilität dennoch fortbestehen wird.

 

Den vollständigen Artikel (auf englisch) finden Sie auf der Webseite von The Conversation

Neues ABI-Working Paper: Äthiopiens Interessen bei der Zusammenarbeit mit der EU im Bereich der „Rücknahmemigration"

Cover ABI-Working Paper zu "Domestic Interests of African States in EUAfrican “Return” Migration Cooperation: A Case Study on the Political Interests of State Actors in Ethiopia"

Seit 2015 integriert die Europäische Union (EU) Migration in ihre Gesamtaußenpolitik durch von der EU initiierte Partnerschaftsinstrumente. Im Jahr 2016 führte die EU einen neuen Ansatz ein, der negative Anreize für Partnerländer vorsieht, die nicht mit dem Rücknahmeprogramm der EU zusammenarbeiten. Solche Ansätze haben jedoch bisher nicht zu einer Zunahme der Rücknahme beigetragen, oft aufgrund mangelnder Kooperation der Partnerländer. 

Aufbauend auf früheren Untersuchungen zu den inländischen Interessen westafrikanischer Staaten zielt die Fallstudie zu Äthiopien von Fikreab Gintamo Gichamo darauf ab, zum besseren Verständnis der in Afrika herrschenden inländischen Rücknahmeinteressen beizutragen. Basierend auf Interviews mit verschiedenen äthiopischen Interessengruppen zeigt das Papier, dass das Engagement des Landes mit seiner Diaspora und sein Interesse an einer erhöhten Möglichkeit legaler Migration, verbunden mit der Sorge um die sozioökonomischen Kosten der Reintegration von Rückkehrer*innen, zu den entscheidenden politischen Interessen gehören. Die inländischen Interessen äthiopischer Staatsakteur*innen sind im Allgemeinen ähnlich wie die in der westafrikanischen Region identifizierten, weisen jedoch bestimmte Merkmale auf. Beispielsweise sind im Gegensatz zu Staaten in Westafrika wie dem Senegal oder in Gambia äthiopische Beamt*innen nicht über die öffentliche Meinung im Inland besorgt. Rücknahmeabkommen oder Verhandlungen mit der EU waren kein Thema der Debatte in der öffentlichen Sphäre oder den Medien. Dennoch bleiben Beamt*innen des Landes aufgrund der in diesem Papier identifizierten inländischen Interessen zurückhaltend, mit der EU bei der Rücknahme von Migrant*innen zusammenzuarbeiten.

 

Das gesamte ABI-Woring Paper finden Sie hier.

Literaturliste zu den Bedeutungen, Folgen und geopolitischen Aspekten von Abschiebungen

Symbolbild: Regale voller Bücher.
© CC0 Public Domain. www.pxhere.com

Reading List: Bedeutungen, Folgen und geopolitische Aspekte von Abschiebungen

In jüngeren Debatten sind Abschiebungen zu einem politischen Ziel geworden, in denen die Notwendigkeit eines vermeintlichen effizienteren Abschiebeapparates nicht mehr in Frage steht. Dabei weisen viele Studien seit langem nach, wie äußerst komplex die Umsetzung eines solchen Abschiebeimperativs ist, dass Abschiebungen in vielschichtigen geopolitischen Zusammenhängen stehen, oft menschenrechtlich oder staatsrechtlich problematisch sind und nicht zuletzt verheerende Folgen für Betroffene haben. Diese Liste und ihre Einleitung sollen helfen, solch kritische Aspekte in der Öffentlichkeit bekannter zu machen. Sie richtet sich an Forschende, Studierende, Journalist*innen und die interessierte Öffentlichkeit.

Die Liste wurde im März 2024 zusammengestellt von 

Judith Altrogge (judith.altrogge [at] uni-osnabrueck.de)
Leonie Jegen (l.f.jegen [at] uva.nl)
Laura Lambert (laura.lambert [at] leuphana.de)
Franzisca Zanker (franzisca.zanker [at] abi.uni-freiburg.de) 

Die Liste als PDF zum Download

ABI Working Paper: The Local Turns in the Field of Migration

ABI Working Paper Cover zu „The Local Turns in the Field of Migration"

Das aktuelle ABI Working Paper „The Local Turns in the Field of Migration" von Dilshad Muhammad bietet eine systematische Literaturübersicht über das Konzept des „local turn" im Bereich der Migration.

Es untersucht 36 Fachartikel, um die folgenden Fragen zu beantworten: Welche Themen stehen im Zusammenhang mit dem Begriff „local turn"? Was sind die Antriebskräfte hinter diesem Phänomen? Und welche Merkmale weist der „local turn" auf?

Die Studie untersucht die Literatur durch eine thematische Analyse, sowohl induktiv als auch deduktiv. Nachdem sie eine explizite Darstellung der Merkmale des „local turn" in der Migration vorgelegt hat, erörtert das Papier die Gültigkeit und die Konsequenzen der Verwendung eines solchen Begriffs. Statt eines einzigen „local turn" kommt das Working Paper zu dem Schluss, dass es eine Vielzahl von „local turns" in der Migration gibt. Darüber hinaus argumentiert das Working Paper, dass die Entstehung und Entwicklung dieses Begriffs nahezu ausschließlich in Europa stattfinden und dementsprechend wahrgenommen werden sollten.

Das ABI Working Paper gibt es hier als PDF.